🗑️ Zehn Beispiele für „Memory Hole“ in der Praxis

🗑️ Zehn Beispiele für „Memory Hole“ in der Praxis

Am Beispiel vom Handelsblatt und den gestohlenen Gaslieferungen durch die Ukraine habe ich das Thema Memory Hole thematisiert. Doch das Thema des „Selektiven Vergessens“ ist inzwischen gang und gäbe.

  1. Corona-Positionen – heute gelöscht, morgen geleugnet

Politiker, die 2020 noch „keine Impfpflicht“ versprachen, löschten oder änderten später Tweets und Pressemitteilungen, als diese doch kam. Ähnliches gilt für Aussagen wie „Impfung schützt vor Ansteckung“ – Formulierungen, die inzwischen vielfach stillschweigend von Behörden- und Klinikwebsites verschwunden sind.
👉 Klassisches Beispiel für rückwirkendes Umschreiben der Realität.

Besonders auffällig waren:

Karl Lauterbach (SPD): Zahlreiche frühere Tweets aus 2020/21 wurden gelöscht oder nachträglich editiert, z. B. Aussagen zur Dauer der Impfwirkung („schützt sicher ein Jahr“) oder zur Wirkung auf die Weitergabe („Geimpfte geben das Virus nicht weiter“).

Jens Spahn (CDU): Ältere Aussagen wie „Masken sind nicht notwendig“ oder „Wir haben die Pandemie im Griff“ verschwanden von seiner Website bzw. Social-Media-Kanälen.

Olaf Scholz (SPD): Ein Video-Clip, in dem er eine Impfpflicht kategorisch ausschloss, wurde später von Regierungsseiten entfernt.

Markus Söder (CSU): Zahlreiche Tweets mit absoluten Aussagen („Keine Schulschließungen mehr“, „Keine Impfpflicht“) sind gelöscht oder so umformuliert, dass sie nicht mehr eindeutig nachvollziehbar sind.

Diese Löschungen fanden meist 2021–2023 statt – häufig parallel zur Änderung politischer Linien. Manche Inhalte sind nur noch über Archive oder Screenshots dokumentiert.

  1. WHO-Website zu Herdenimmunität (2020)

Die Weltgesundheitsorganisation definierte „Herdenimmunität“ ursprünglich als „natürlich auftretendes Phänomen einer Bevölkerung nach Infektion oder Impfung“. Im Herbst 2020 wurde diese Definition auf der WHO-Seite geändert – plötzlich galt sie nur noch durch Impfung als erreichbar. Alte Versionen existieren nur noch im Webarchiv.

  1. Bundesregierung und Maskenempfehlung (Februar 2020)

Das Robert-Koch-Institut (RKI) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn warnten zu Beginn der Pandemie noch ausdrücklich davor, Masken zu tragen („nicht notwendig“). Diese Stellungnahmen verschwanden später von den Webseiten oder wurden so überarbeitet, dass sie sich der späteren Linie anpassten.

  1. EU-Taxonomie und Atomkraft

Jahrelang hieß es von offizieller Seite, Atomkraft könne niemals als „nachhaltig“ eingestuft werden. Als Brüssel 2022 plötzlich genau das tat, wurden zahlreiche alte EU-Dokumente „aktualisiert“, Pressemitteilungen gelöscht oder umformuliert – so, als habe es die frühere Festlegung nie gegeben. Ich persönlich finde die neue Taxonomie deutlich sinnvoller, aber man muß da nicht vor sich hinlügen und vormachen, daß man nie etwas anderes erzählt hätte.

  1. Wikileaks-Cables – plötzlich nicht mehr zitierfähig

Nach der Veröffentlichung diplomatischer US-Depeschen 2010 durch Wikileaks entfernten zahlreiche Medienhäuser ihre eigenen Berichterstattungen oder machten sie schwer auffindbar. Begründung: „Quellenproblematik“. Effekt: Das kollektive Gedächtnis an die Inhalte wurde schwächer, obwohl sie nie widerlegt wurden.

  1. Kriegsziele im Irakkrieg

2002/03 begründeten US- und britische Politiker die Invasion des Irak mit „Massenvernichtungswaffen“. Nach deren Nichtexistenz wurden viele dieser Reden, Pressemitteilungen und Webseiten umformuliert oder gelöscht – ein Paradebeispiel für nachträgliche Geschichtsglättung.

  1. Euro-Einführung: Kein Transferunion-Versprechen

Deutsche Spitzenpolitiker betonten in den 1990ern wiederholt, es werde mit dem Euro keine Transferunion geben. Diese Zitate verschwanden von offiziellen Regierungsseiten, als Rettungspakete, ESM und Eurobonds Realität wurden. Alte Aussagen leben nur noch in Archivkopien weiter.

  1. Great Reset – von WEF-Seiten getilgt

Nach massiver Kritik an den Formulierungen rund um den „Great Reset“ entfernte das World Economic Forum mehrere Texte und Videos von seiner Website oder schrieb sie um – inklusive Slogans wie „You’ll own nothing and be happy“. Offiziell aus PR-Gründen, faktisch eine digitale Tilgung.

  1. Twitter-Löschungen von Regierungsaccounts

Mehrere westliche Regierungen und Behörden löschten seit 2022 ältere Social-Media-Posts, die inhaltlich nicht mehr ins aktuelle Narrativ passten – z. B. zur Herkunft des Coronavirus, zur Wirksamkeit bestimmter Maßnahmen oder zur geopolitischen Lage. Offizielle Begründung: „Konsistenz“.

  1. Wikipedia-„Reframing“ bei kontroversen Themen

Wikipedia-Artikel werden bei politischen oder wirtschaftlichen Skandalen häufig nachträglich so umgeschrieben, dass frühere Einschätzungen und Kontroversen kaum noch auffindbar sind. Besonders auffällig ist dies bei Themen wie Hunter Bidens Laptop, Nord Stream oder NSA-Überwachung – teils sind frühere Versionen nur noch über die Versionsgeschichte rekonstruierbar.

🧭 Fazit

Das „Memory Hole“ ist kein dystopisches Science-Fiction-Konzept – es ist längst Alltag.

Mal geschieht es still (durch das Löschen alter Dokumente), mal subtil (durch nachträgliche Neufassungen), mal aggressiv (durch „Fact-Checker“, die frühere Tatsachen als „Desinformation“ brandmarken).

Gemeinsam ist allen Fällen: Sie verändern die Erinnerung. Und wer die Erinnerung kontrolliert, kontrolliert – wie Orwell sagte – die Zukunft.

christophvongamm

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Dr. Christoph von Gamm ist ein Unternehmer, Investor und Business Angel, der sich an der Schnittstelle von Wirtschaft, Kultur und Technologie engagiert. Er ist CEO und Managing Partner von Cybertrue Capital Partners, einer Firma, die sich mit Investitionen und Deals beschäftigt. Zudem ist er CEO von vonGammCom Global, wo er Beratungs- und Executive-Search-Dienstleistungen im Bereich IT-Outsourcing, große Verträge, Vertriebsführung und umfassende Transformationen anbietet. Seine berufliche Laufbahn umfasst über 20 Jahre globale und pan-europäische Erfahrung, darunter Führungspositionen bei Capgemini Suisse S.A. (2008–2012) und IBM Corporation (1995–2008). Er hat sich als strategisch denkender Führungskraft mit Erfolg bei der Performanceverbesserung großer Organisationen, der Gründung neuer Funktionen und der Pionierarbeit bei globalen Outsourcing-Initiativen etabliert. Sein Schwerpunkt liegt auf der Wertsteigerung durch digitale Transformation und der Nutzung dieser Veränderungen für seine Kunden. Er verfügt über akademische Qualifikationen, darunter einen Doktortitel (Dr. phil.) in interkultureller Wirtschaftswissenschaft von der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), einen Diplom-Ingenieur (Dipl.-Ing.) in Elektrotechnik und Informationstechnik von der TU München sowie ein MBA von der Open University Business School, einen Master of Sales Management von der Portsmouth University, sowie Absolvent des Client Executive Programs der INSEAD Fontainebleau.
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