Dieser Leitfaden behandelt die Erkennung und Bekämpfung von Rechtsbeugung im Zivilprozess. Er richtet sich an Rechtsanwälte und forensische Sachverständige und beleuchtet die richterliche Unabhängigkeit gemäß Artikel 97 des Grundgesetzes im Kontext vorsätzlicher Rechtsbeugung (§ 339 StGB).
Das Dokument beschreibt, daß Rechtsbeugung selten offensichtlich ist, sondern sich oft in subtilen Manipulationen von Verfahrensabläufen manifestiert. Es betont die Notwendigkeit eines interdisziplinären Ansatzes, der juristische Expertise und forensische Ermittlung kombiniert, um solche Muster aufzudecken.
Typische Muster der Rechtsbeugung umfassen:
- Verfahrensmanipulation und Aktenführung: Dazu gehören die gezielte Fallzuweisung durch Änderung von Eingangsdaten oder Zählkartennummern sowie die Manipulation des Geschäftsverteilungsplans (GVP).
- Steuerung von Beweisaufnahme und Gutachten: Dies beinhaltet die Beauftragung tendenziöser Gutachter oder die Missachtung unabhängiger Fachexpertise.
- Verfahrensführung und Urteilsfindung: Beispiele hierfür sind „Stuhlurteile“ ohne ausreichende Bedenkzeit oder die Nutzung unerfahrener Proberichter zur Durchsetzung vorbestimmter Urteile.
- Verborgene Netzwerke und Interessenkonflikte: Dies bezieht sich auf die nicht offengelegte Kenntnis von Verfahrensbeteiligten oder finanzielle Verflechtungen.
Als forensische Indikatoren („rote Flaggen“) werden unter anderem unplausible Timestamps, fehlende GVP, wiederkehrende Gutachter, häufige Stuhlurteile, Inkonsistenzen bei Unterschriften und statistische Abweichungen bei Urteilsentscheidungen genannt. Diese Indikatoren gewinnen insbesondere in ihrer Verflechtung an Bedeutung.
Der Leitfaden stellt konkrete Prüfschritte für forensische Sachverständige vor, darunter Systemforensik auf Gerichts- und Kanzleisystemen, Metadaten-Analyse elektronischer Dokumente, Finanz- und Netzwerkanalyse sowie Zeugenbefragungen und Protokollverifizierung.
Hinsichtlich prozessualer und rechtlicher Gegenmaßnahmen werden der Befangenheitsantrag (§ 42 ZPO), die Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) und die Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erläutert. Für die Restitutionsklage ist eine rechtskräftige Verurteilung des Täters wegen einer Straftat, wie Rechtsbeugung, eine hohe Hürde. Des Weiteren werden außergerichtliche Wege wie die Dienstaufsichtsbeschwerde und die Strafanzeige (§ 339 StGB) behandelt. Die Strafanzeige wird als entscheidender Hebel zur Aktivierung strafrechtlicher Ermittlungsbefugnisse und zur Beschaffung notwendiger Beweise für eine Restitutionsklage hervorgehoben.
Abschließend werden Fallstudien zur Veranschaulichung der genannten Muster präsentiert und zusammenfassende Empfehlungen für Rechtsanwälte und forensische Ermittler gegeben.